Die Sache mit der Liebe
Oder was Jeremy Bentham dazu zu sagen hat
In meinem letzten Kapitel habe ich dir von dem Bananen-Dilemma erzählt. Hier möchte ich heute wieder anknüpfen:
Gehen wir die ganze Angelegenheit realistischer an: Bevor wir mit Kant unsere Bananen wieder los werden können, müssen wir schließlich erstmal die besagten Bananen treffen, nicht wahr? Seien wir optimistisch und wir treffen eine. Entweder durch die vielen digitalen Pools von Datingwilligen oder ganz altmodisch durch die Irrungen und Wirrungen unseres realen Lebens wird uns eine Banane präsentiert.
STOOOP! Wir sind ja optimistisch. Wir wissen ja noch nicht, ob das zukünftige Objekte der Begierde eine Banane ist. Soweit sind wir ja noch gar nicht. Wir müssen ja erstmal die potentielle Nicht-Banane näher kennenlernen, um zu entscheiden, ob sie eine Banane oder eine Nicht-Banane ist.
Kant spielt weiterhin leise Melodien auf seinem Banjo. (Seine Trompete steht verpackt in der Ecke). Schließlich haben wir ja von ihm gelernt, dass wir die Person als den oder die zu sehen haben, der oder die sie ist. Zudem sollten wir keine voreiligen Rückschlüsse ziehen, was sie für uns darstellen könnte. Sprich, die Frage „Banane oder nicht Banane?“ ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu stellen.
Nun müssen wir das Subjekt des Interesses näher kennenlernen, um dieses Subjekt – Kants freudiges Banjospiel im Hintergrund anerkennend – als Zweck zu behandeln, als Mensch wahrzunehmen, und nicht als Mittel, uns von – um es mit den Worten Alain de Bottons zu sagen – unserer Isolation in einer kalten und anonymen Welt zu befreien (De Botton, 15).
Wäre das mal alles so einfach mit dem Behandeln als Zweck! Die Sache ist gemäß der Evolutionsbiologie nämlich die (und Herr De Botton ist da schlauer als ich): Wir empfinden das als sexy, was eine Reflexion von etwas ist, das unsere Spezies erhält. Wir sind von Intelligenz angezogen, weil es eine Indikator für eine wichtige Qualität ist, um das Überleben unserer Jungen sicherzustellen. Wir mögen es, Menschen zu sehen, die gut tanzen, weil dieses ein Indikator für Lebenskraft ist. Und die ist wichtig, um unsere nächste Generation zu beschützen. Was die Gesellschaft als attraktiv bezeichnet, ist letztendlich jemand, der gut darin ist, Infektionen zu bekämpfen und ohne Komplikationen in den Wehen liegen kann. So sei die Freude daran, jemanden zum Essen einzuladen und zu einem späteren Zeitpunkt deren Hosen aufzuknöpfen, nicht nur begründet in der Stimulation von Nervenenden und der Befriedigung unseres biologischen Verlangens, sondern auch von der Freude, die in uns aufsteigt, jedoch kurz, uns von dieser Isolation in einer kalten und anonymen Welt zu befreien (De Botton, 13, 14, 15).
Obwohl anscheinend evolutionsbiologisch die Motive hinter unserem Drang nach potentiellen Nicht-Bananen eher in dem Mittel begründet sind, unsere Spezies zu erhalten, unsere Nervenenden zu stimulieren, unser
ebiologisches Verlangen zu befriedigen oder uns aus dieser Isolation zu befreien, hat Kant uns dennoch auferlegt, die potentiellen Nicht-Bananen als Zweck an sich wahrzunehmen. Ein Zweck, der eben nicht in der von unseren Hormonen vorgeheuchelten Leidenschaften, Hingaben, romantischen Emotionen, Attraktionen zu finden ist, sondern nur in der Geschichte und im Charakter der Person selbst. Puh! Nicht nur du kommst da ins Schwitzen.Kommen wir zurück zur eigentlichen Angelegenheit: Nas Näher-Kennenlernen der potentiellen Nicht-Banane. Glücklicherweise kann nicht nur Kant uns unser Dating-Leben erschweren, sondern auch andere Philosophen haben großes Interesse daran, uns alle zu besseren Bananen zu machen. Geben wir Jeremy Bentham diesmal eine Chance!
Für Bentham gilt das Prinzip des größten Glücks. Um eine Handlung zu bewerten, sind die Freude oder das Leid aller Personen zu evaluieren, deren Interesse anscheinend von der Handlung betroffen ist. Die Bilanz dessen zeigt dann auf, ob eine Handlung eine gute Tendenz hat oder eben nicht.
Stellen wir uns folgende kleine Szenerie vor:
Mädchen trifft Junge. Junge trifft Mädchen. Sie möchten zusammen was trinken gehen. Das freudige Banjospiel Kants auf der Bühne inspiriert beide zu sagen, dass sie sich besser kennenlernen wollen, indem sie sich ihre Geschichten erzählen. Kant spielt immer euphorischer auf seinem Banjo. Vollends begeistert spielt er, als er erfährt, dass beide sich vornehmen, die potentielle Nicht-Bananen-Frage auszuklammern. (Obwohl es immer eine Bananen-Frage sein wird, denn auch unsere Protagonisten kommen leider nicht aus ihren evolutionsbiologischen Rollen heraus und wollen langfristig ihre Nervenenden stimulieren, ihr biologisches Verlangen befrieden – und sich, auch wenn nur kurz, aus ihrer Isolation befreien. Das Kennenlernen dient daher letztendlich – trotz aller noblen und vernünftigen Vorsätze – zum Mittel, sich gegenseitig die Hosen aufzuknöpfen. Aber das müssen wir Kant nicht sagen. Den beiden Protagonisten auch nicht. Also: Pssst!).
Für Kant ist die Sache hier ganz klar und fürs erste abgesegnet. Er spielt weiter ruhig auf seinem Banjo.
Da betritt Jeremy die Bühne, baut sein Schlagzeug auf, nimmt seine Sticks in die Hand und fängt leise an zu spielen.
„Das ist doch eine ganz einfache Angelegenheit, Mr. Bentham! Es bringt den beiden Glück!“, rufst du ihm zu.
„Halt mal“, sagt Bentham und unterbricht sein Spiel. „Mag sein, dass in erster Linie die Handlung den beiden Freude bringt. In zweiter Linie wird das ganze schon komplizierter – auf Grund der Potentialität des Bananen-Seins beispielsweise. Zudem weißt du ja nicht, ob das gemeinsame Trinken von – sagen wir – Glühwein, beiden ausschließlich Freude macht. Es kann ihnen auch Leid zu fügen in der einen oder anderen Weise. Es braucht nur einer von den beiden keinen Glühwein zu vertragen! Hast du darüber schon mal nachgedacht? Darüber hinaus sind nicht nur die Interessen der beiden von dieser Handlung betroffen, sondern auch die Interessen anderer Personen.“
„Wer sollte davon noch betroffen sein, wenn die beiden einen Glühwein trinken? Es ist doch nur Glühwein!“, fragst du erstaunt.
„Naja“, spricht Bentham weiter mit tiefer Stimme, „da fallen mir so einige ein. Die Personen, die auch mit dem Mädchen oder dem Jungen was trinken wollen. Mag sein, dass der Verzicht auf die jeweilige Person sie traurig stimmt. Natürlich könnte sie das auch freuen. Da müssten wir zunächst die einzelnen Personen fragen. Entsprechend der Anzahl der konkreten Personen könnte dies entsprechend lange dauern. Die Personen, die gerne an Stelle von dem Mädchen oder Jungen wären. Die sind sicherlich auch traurig darüber, dass man nicht mit ihnen Glühwein trinken will. Die Personen, die an dem Verkauf des Getränks beteiligt sind. Die haben Freude an den Einnahmen. Umso mehr Freude, je mehr die beiden trinken. Die Personen, die in liebevoller Nähe zu unseren Protagonisten stehen, die in erster Linie zu dem Zeitpunkt des Treffens Junge oder Mädchen nicht erreichen können mit ihren Anliegen, die nach dem Treffen, und somit in zweiter Linie, von der Stimmung unserer Protagonisten betroffen sind – nachdem sie endlich zurückrufen. Und so weiter, und so weiter… entsprechend wie eben die genaue Situation ist.“
Kant spielt weiterhin leise auf seinem Banjo in der hintersten Ecke der Bühne. Bentham schaut ihn an.
„Nicht zu vergessen“, führt Bentham seinen Monolog fort, „unseren lieben Freund Immanuel. Wenn am Ende des Abends die beiden sich doch gegenseitig die Hose aufknöpfen, würde das ihm hier nämlich ziemlich viel Leid zufügen.“
Kant schaut auf und nickt Bentham zu. Bentham nimmt seine Sticks.
„Moment!“, sagst du vehement. „So knüpft mir ja nie mehr jemand die Hose auf.“, fährst du entsetzt fort. „Erst sagt Immanuel mir, dass ich die potentiellen Nicht-Bananen nicht mehr als Mittel sehen darf, um meine nun mal vorhandenen Bedürfnisse zu stillen, sondern jetzt erzählst du mir, Jeremy, bevor ich überhaupt ansatzweise einem Hosenbund nahe komme, das ich Interessen von anderen evaluieren soll?“
Jeremy schmunzelt. Dreht sich zu seinem Schlagzeug um. Setzt an, hält inne.
„Unter uns“, flüstert er dir zu, „mir ist das ja egal, ob man dir am Ende des Abends die Hose aufknöpft.“ Lachend sagt er: „Solange es das größte Glück aller ist.“
———————
Auch wenn wir rational unser Dating-Leben angehen, mit Immanuel unsere Bananen des Lebens – ohne sie als Mittel zu einem Zweck zu behandeln – wieder loswerden, mit Jeremy evaluiert haben, ob es das größte Glück der größten Zahl ist, der potentiellen Nicht-Banane die Hosen aufzuknöpfen, begegnen wir dennoch ab und an einem Paradoxon. So werden nämlich manchmal Nicht-Bananen von uns zu Bananen konstruiert. Irrsinnig, oder?
Diese anscheinende Widersprüchlichkeit kann verschiedene Gründe haben. So mag es vorkommen, dass wir behaupten, eine Nicht-Banane sei eine Banane, weil wir Angst davor haben, für diese wundersame Nicht-Banane eine Banane zu sein. Kompliziert, was? Bevor er/sie uns „Banane“ nennt, mit Kant uns wieder los wird, ist es doch weitaus schmerzfreier ihn/sie als Banane zu konstruieren. Schließlich haben wir Erfahrung damit, was eine Banane für uns ausmacht. Und schließlich sind wir alle Meister darin, Anhaltspunkte zu finden, genau jene Nicht-Banane zu einer Banane zu machen. Du brauchst gerade nicht den Kopf zu schütteln. Wir alle haben diesen paradoxen Tanz bereits aufgeführt. Abstreiten hilft da nicht!
Die Vertrautheit unserer Isolation in dieser kalten und anonymen Welt ist uns in diesen Momenten lieber als die Scham, die uns heimsucht, wenn uns mitgeteilt wird, dass es eben nicht das größte Glück der größten Zahl ist, unsere Hosen aufzuknöpfen oder wir sogar mit den Worten abserviert werden: „Schätzelein, du bist eine Banane für mich. Ich hasse es Bananen zu essen. Geh‘ und finde dir eine andere Banane!“.
Dann ist da noch eine andere Sache, die uns zu schaffen macht: In unserer Isolation haben wir uns ein geheimes Königreich geschaffen. Wir haben feinsäuberlich unsere Schlösser erbaut, sie liebevoll eingerichtet, kontinuierlich sind wir am Aufräumen und Restaurieren, wir gestalten täglich in ihnen Details, die nur wir kennen. In diesem Königreich herrschen wir. Wir können uns auf unseren Thron zurückziehen, wenn die Welt da draußen uns zu Dienern macht, uns versklavt oder als Narren sieht. Dieses Königreich zu teilen? Die Gefahr hinnehmen, dass unsere Nicht-Banane unser wundersames Königreich wieder verlässt? Lieber hüten wir unser beschütztes Königreich als Geheimnis in der Hoffnung, dass niemand jemals davon wissen wird. Erwischt?
Wir riskieren so nicht, jemanden in unser Königreich zu lassen. Wir riskieren so auch nicht, dass jemand unserer wunderbares Königreich wieder verlässt. Und somit vielleicht etwas, was wir in unserer Isolation unter Verschluss halten, in die Welt hinaus trägt. Es wäre plötzlich nicht mehr unser geheimnisvolles Königreich, wenn jemand anderes es durch seine/ihre Augen betrachtet hat und sich anschließend lieber für die Isolation oder sogar für ein anderes Königreich entscheidet, nicht wahr?
Manchmal kommt es auch vor, dass wir eine Nicht-Banane zu einer Banane konstruieren, weil es Dinge für uns einfacher macht. Mit gewissen Emotionen brauchen wir uns nicht weiter zu beschäftigen und mit der Ambivalenz des menschlichen Seins nicht weiter auseinander zu setzten.
So werden ganz einfach Nicht-Bananen zu Bananen.
Alain Badiou schreibt jedoch folgendes:
„Ich bin nun aber davon überzeugt, dass die Liebe als etwas, was jeder will, als etwas, das beinahe für jeden das ausmacht, was dem Leben Intensität und Bedeutung verleiht, unter den Bedingungen der gänzlichen Abwesenheit von Risiken nicht dieses Geschenk an das Dasein sein kann.“ (16)
Fluchen möchte man jetzt! Da haben wir eine Lösung gefunden unser Königreich zu verbergen, in der Vertrautheit unserer Isolation uns wohlzufühlen, Nicht-Bananen zu Bananen zu machen, um ja kein Risiko einzugehen, verletzt zu werden, um uns dann sagen zu lassen, dass wir mit den Risiken leben müssen? „Scheiß‘ auf die Liebe!“, will man da schreien.
Seien wir aber ehrlich: Wir führen diesen paradoxen Bananen/Nicht-Bananen-Tanz nicht auf, weil uns die Liebe am Arsch vorbei geht. Stimmt’s?
In „Lob der Liebe“ berichtet Badiou von einer Partnervermittlung, die Werbung mit einer schmerz- und risikofreien Liebe macht sowie ein Liebescoaching anbietet. Es sei „die Vollkaskoversicherung der Liebe“ (16). Wenn wir unseren Bananen/Nicht-Bananen-Tanz aufführen, dann ist es das was wir wollen: eine Vollkaskoversicherung. Nun ja, kurz und knapp: Die gibt es nicht!
Zudem birgt es einen anderen Aspekt, den Badiou wie folgt beschreibt:
„Wie alles, dessen Norm die Sicherheit ist, bedeutet die sicherheitsbesessene Liebe die Abwesenheit von Risiken für jenen, der eine gute Versicherung hat, (…) eine gute Psychologie des persönlichen Genusses, und das ganze Risiko für den, der ihm gegenübersteht.“ (17)
In Momenten, in denen wir also unseren Bananen/Nicht-Bananen-Tanz aufführen, geben wir das vollkommene Risiko an das Gegenüber ab. So sind es nicht nur wir, die existentielle Ängste davor haben, dass das eigene Königreich zusammen brechen könnte, wenn wir nur den/die Falsche/n hineinlassen, sondern auch der/diejenige, der/die uns in dem Moment gegenüber steht, hat ein Königreich zu verteidigen! Wie war das nochmal mit dem geteilten Leid? Geteiltes Leid ist halbes Leid? Ist vielleicht dann auch geteiltes Risiko, halbes Risiko?
Eines ist unbestreitbar – trotz aller geglückten Versuche von Bananen/Nicht-Bananen Tänzen:
„(D)ie Liebe findet letztlich in der Welt statt. Sie ist ein Ereignis, das nach den Gesetzten der Welt weder vorhersehbar noch berechenbar war. Auf diese Begegnung kann man sich nicht vorbereiten (…) denn letztlich, in dem Augenblick, in dem man sich sieht, sieht man sich.“ (Badiou, 34).
Und so kommt ab und an die verrückteste Sache mit Bananen vor: Es wird einem eine Banane (oder welches Lebensmittel auch immer du nicht magst – Rosinen, Ingwer, Tomaten, Austernpilze vielleicht?) untergejubelt. Plötzlich muss man feststellen, dass man Bananen mag. Die Bananen/Nicht-Bananen-Angelegenheit löst sich damit in Luft auf. Was dann bleibt ist schlussendlich nur eine Frage: „Wie konnte ich das so lange übersehen?“.
Das Bananen-DIlemma
Oder das Dilemma, Kant (falsch?) im wahren Leben anzuwenden
Ich mag keine Bananen. Meine Abneigung ist begründet in meiner Aversion gegenüber ihrem schwerfälligen Geschmack und ihrer schweren Struktur, die besonders beim Kauen im Mund zum Tragen kommt. Am meisten jedoch ist es ihr starker und unausweichlicher Geruch, der die eigene Erinnerung selbst Stunden nach der kulinarischen Begegnung einnimmt und mich angewidert zurücklässt. In der Tat: Ich mag wirklich, ehrlich, aufrichtig keine Bananen leiden!
Gleichzeitig weiß ich, dass Bananen großartige Früchte sind. Ich bin schwer beeindruckt von ihrer Form, dem Wechsel ihrer Farbe von einem hellen Grün zu einem tief schwarz gepunkteten Gelb – erstaunlich, nicht wahr? Zudem fasziniert mich die Tatsache, was diese Frucht für den menschlichen Körper zu offerieren hat: Vitamine, Mineralien, Ballaststoffe. Bananen sind gut für das Herz-Kreislauf-System und dienen dem Verdauungspappart. Athleten essen Bananen für eine bessere Leistung. Großartig! Bananen haben Superkräfte!
Dennoch mag ich höchst ungern Bananen.
Aber wir alle haben doch sicherlich dieses eine Lebensmittel, das wir – trotz all dem Guten was es unserem Körper offeriert – einfach nicht leiden können, oder?
Wenn es um Menschen geht, habe ich für mich selbst folgende Analogie übernommen: Es gibt Menschen, die für mich einfach Bananen sind. Auch wenn ich keine Bananen essen mag, bedeutet dies nicht, dass die Bananen nicht zu respektieren sind, nicht von intrinsischem Wert und dass ihnen nicht mit Unfreundlichkeit zu begegnen ist, nur weil meine Wenigkeit eine subjektive Abneigung gegenüber ihrem Verzehr hat. Eindeutig haben sie ja Superkräfte, unabhängig meiner persönlichen Präferenzen. Eben weil mein Geschmack dafür nicht gemacht ist, diese zu würdigen, bedeutet dies nicht, dass die Superkräfte nicht objektiv existieren.
Du fragst, was Kant damit jetzt zu tun hat? Herr Immanuel hat das Ganze wie folgt in seiner Menschheitsformel formuliert: „Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“
Probieren wir dies auf Bananen anzuwenden: Nur weil ich den Verzehr von Bananen (oder den intensiven Umgang mit bestimmten Menschen) ablehne, bedeutet dies nicht, dass ich sie wegwerfen (oder ignorieren) sowie drauf treten (oder respektlos behandeln) sollte. Würde ich das tun, würde ich die Bananen lediglich als Mittel ansehen, meiner persönlichen, kulinarischen (oder sozialen) Bereicherung dienen zu müssen. Obwohl sie dieses Mittel schließlich auf Grund meines subjektiven Nicht-Mögens nicht darstellen, erfüllen sie dennoch einen objektiven Sinn innerhalb der Gemeinschaft der Früchte (und Menschen). Schließlich haben sie Superkräfte, welche nicht nur als Mittel zur Befriedung subjektiver Bedürfnisse dienen.
Die Wahrheit ist die, dass von den vielen Menschen, die wir innerhalb unseres Lebens treffen, viele von ihnen nun mal Bananen sind. Ich meine, dass dies nichts damit zu tun hat, dass man sozial intolerant oder nicht anpassungsfähig ist. Es ist einfach, wie es ist. Nämlich, dass nicht alle unsere Sinne dafür gemacht sind, jede Art von Lebensmittel würdigen zu können. Ich glaube auch, dass das eine gute Sache ist. Die Lebensmittel, von denen unsere Sinne sich bereichert fühlen, sind auch nur besonders für uns aufgrund all der Lebensmittel, von denen wir uns kulinarisch nicht bereichert fühlen. Ohne diese würden wir den Unterschied nicht kennen.
So weit, so gut. ABER – ich habe das Gefühl, dass man dennoch einem Dilemma begegnet, wenn man versucht jede Banane, die man trifft, als Zweck mit einem Sinn an sich zu behandeln, und somit versucht, Kant im wahren Leben anzuwenden. Nennen wir diesen Umstand das kantianische Bananen-Dilemma. Ich werde versuchen, diesen Umstand zu illustrieren, indem ich es auf unser Dating-Leben anwende, einen Bereich unseres persönlichen Lebens, der nach meinen persönlichen Beobachtungen besonders das kantianische Bananen-Dilemma hervorhebt.
Wenn wir möchten, kann unser Dating-Leben schnell und aufregend sein. Wir sind in der Lage, so oft und so viel zu daten wie wir wollen – persönlich, virtuell, passiv. Wir sind dabei in der Lage, während wir auf einem Date mit einer reellen Person sind, virtuell eine andere Person zu daten indem wir ihr mit Hilfe unserer Handys schreiben, und passiv durch unsere Online-Dating-Profile, die währenddessen zukünftige Interessenten zu akquirieren versuchen. Herzlichen Dank Tinder und Parship für die Chance des Multi-Tasking-Datings! Nicht nur steigert das unsere Möglichkeiten, viele Partner zu finden, mit denen wir vielleicht, wahrscheinlich, tatsächlich, doch nicht sexuell interagieren (werden) und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, endlich den Einen oder die Eine zu finden (zumindest ist es doch das, was wir alle behaupten zu wollen, nicht wahr? Danke, Hollywood, für das Pflanzen dieser Idee als notwendige Bedingung in unsere Köpfe!), sondern dies steigert auch enorm die Anzahl der Bananen, die wir treffen.
Kant betritt hier die Bühne auf seinem magischen Pferd durch eine glorreiche Landschaft reitend und laut rufend: „Sie sind nicht nur als Mittel zu behandeln, um deine sexuelle Bedürfnisse zu befriedigen, um den Einen oder die Eine zu treffen, sondern auch als Zweck, dessen Sinn ausschließlich darin liegt, der Eine oder die Eine für einen anderen Menschen zu sein, der auch als Mensch selbst anzuerkennen ist.“
Das Dilemma wird besonders in Momenten offensichtlich, wenn wir während diesen romantischen Intermezzos realisieren „Oh nein! Eine Banane!“. Und folglich diese Banane kurzer Hand wieder los werden wollen. Erneut! Die fünfte in Folge – scheiße! Auf zur nächsten in der Hoffnung, dass diese unsere Sinne zumindest nach unseren Vorstellungen bereichert. Immanuel spielt sicherlich im Hintergrund leise Melodien auf seinem Banjo.
Nun ja, eine Möglichkeit – wie ich letztens gelesen habe – ist „Ghosting“. Ein einfacher Weg, der die eigenen Hände nicht schmutzig macht, um die angelachten Bananen wieder los zu werden. Ein Phänomen, das das plötzliche Verschwinden einer Person beschreibt, indem sie sich bei der anderen Person plötzlich nicht mehr meldet. Das ist in der Tat ein sehr einfacher Weg, all die Bananen wieder los zu werden, denkst du nicht auch? Kein seltsames Gespräch, keine peinliche Erklärung, kein heuchlerisches „Lass‘ uns Freunde bleiben!“. Die kantianische Trompete bläst leidenschaftlich.
Lass uns zur Quintessenz kommen: Um Kant auf unser Dating-Leben anzuwenden, würde das nicht nur bedeuten, dass wir nur eine Person persönlich über einen bestimmten Zeitraum daten (kein virtuelles oder passives Dating währenddessen), sondern auch diese Person als Person anerkennen und nicht nur als ein Mittel behandeln, unsere sexuelle Bedürfnisse zu stillen oder um die Eine oder den Einen endlich zu finden. Unsere Bedürfnisse sind nicht Priorität, sondern die Person selbst. Natürlich fragst du dich, wie das bei ungefähr 7,1 Milliarden Menschen auf der Welt umgesetzt werden sollte, angesichts der kurzen Zeit, die uns gegeben ist, und in der wir so viele Erfahrungen machen und Spaß wie möglich haben wollen. Natürlich würden nicht alle unsere Bedürfnisse nach unserem Belieben mehr gestillt werden. Ein Investment, dass die Wahrscheinlichkeit zu unserem Nachteil reduziert, einen adäquaten Partner (oder mehrere) zu finden.
Viel mehr, praktisch würde das bedeuten, dieser Person zuzuhören, was sie oder er zu erzählen hat; den Dingen Glauben zu schenken, die sie verletzt haben, die ihre Herzen berührt haben; herauszufinden, was diese Person zu genau jener Person gemacht hat; aufrichtig versuchen, den Menschen vor uns zu verstehen. Kleine Puzzleteile, die uns realisieren lassen würden, dass das Leben und die Menschen sehr farbenfroh sind und sogar Bananen Superkräfte haben. Es würde uns die Möglichkeit bieten, in ein anderes Leben einzutauchen, um eine andere Art und Weise zu leben zu entdecken. (Was etwas Magisches sein kann, da wir leider nur wir selbst in diesem Leben sein können.) Wir riskieren dabei, dass wir uns vielleicht sogar in eine Banane verlieben. Bääh!
Und plötzlich stecken wir in einem Dilemma: So sehr wir uns gerade in all die Superkräfte der Banane verliebt haben, können wir immer noch nicht ihren Geschmack und ihrem Geruch anständig würdigen. Manche Dinge lassen sich nicht ändern. Bananen bleiben manchmal Bananen. Auf der einen Seite steht das Mittel der Befriedung unserer Bedürfnisse, endlich den Einen oder die Eine zu finden in Widerspruch dazu, dass die Banane als die Eine oder der Eine mit seinen Superkräftigen, Geschmack UND Geruch gewürdigt werden sollte. Doof, nicht wahr? Auf der anderen Seite müssen wir plötzlich diese Banane wieder los werden, weil wir sie ja nicht als Mittel behandeln sollen – was wir auf Grund unserer Unfähigkeit, die Banane als Ganzes aufrichtig zu würdigen, nicht tun können. Ghosting ist keine Option mehr. Ach, du grüne Neune, das Leben ist kein Ponyhof!
Was sollen wir tun, Immanuel? Der Person sagen, dass wir verliebt sind in all ihre Superkräfte, aber unfähig sind ihren Geruch und Geschmack zu würdigen und sie stets Mittel für uns bleiben würde, einfach weil sie nun mal eine Banane ist? Würde die besagte Person, die tief für uns empfindet (weil wir nun mal keine Banane für sie oder ihn sind) nicht erwidern, dass Geschmäcke änderbar sind, dies nur Zeit benötigt? Vielleicht sind wir zu arrogant, ihren Geschmack und Geruch nicht würdigen zu können? Sollten wir uns vielleicht zwingen, sie zu essen, weil wir sie nicht nur als Mittel behandeln sollen? Und selbst, wenn wir es irgendwie schaffen, das Schlachtfeld zu verlassen, würde nicht unsere von Liebeskummer geplagte Banane über uns nachdenken, immer und immer wieder, weil wir gesagt haben, dass wir in ihre Superkräfte verliebt sind? Behandeln wir damit die Person wirklich als Zweck, oder behandeln wir sie nicht weiterhin als Mittel (diesmal, zu dem Zweck, Kants Banjospiel im Hintergrund so leise wie möglich zu halten)? Ist das gerecht?
Oder überschätzen wir unsere Geschmacksqualitäten und unsere Liebeskummer-geplagte Banane ist eigentlich eine glückliche Banane, weil wir für sie oder ihn die Rosine sind, dessen Geschmack er oder sie nicht ausstehen kann? Sollten wir das nächste Mal einfach sagen: „Schätzelein, du bist eine Banane für mich. Ich hasse es, Bananen zu essen. Geh und finde dir eine andere Banane!“?
Was hätte Kant empfohlen? Hätte er mir gesagt, dass ich den Umstand komplett missverstanden haben?
Traurigerweise kann ich Immanuel nicht auf ein romantisches Glas Rotwein einladen – und selbstverständlich auf eine Banane.
Die Freude an alten Freundschaften
Man sagt, man soll so schreiben, als wären die Menschen, die einem nahe stehen, bereits tot. Ich werde jenes versuchen zu tun. Die von diesem Text Betroffenen werden es mir verzeihen. Oder wird sich Aristoteles doch im Grab umdrehen?
Wir gehen durchs Leben und treffen abertausende Menschen. Mit einigen von ihnen interagieren wir für eine Weile, aber dann verlassen sie unser Leben wieder und sind in unseren Köpfen nicht länger existent. Getreu dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Dann wiederum wird der ein oder andere von ihnen hin und wieder von uns liebevoll erinnert (oder eben nicht liebevoll, abhängig von der Erinnerung natürlich). Und dann gibt es diese Menschen, deren Wege sich mit unseren kreuzen, die uns weiterhin begleiten. Manche von ihnen gesellen sich im Laufe der Zeit zu uns, andere liefen ziemlich von Anfang an diesen Weg mit uns. Letztere sind diejenigen, die unseren ganzen Weg kennen. Sie wissen über die Blumen, die wir gepflückt haben, und die Steine, die wir aus dem Weg geräumt haben. Genauso wie wir über ihre Blumen und Steine wissen.
Ich habe zwei Freundinnen. Beide kenne ich seit einer halben Ewigkeit.
Die eine lernte ich bereits im Kindergarten kennen. Zu Fasching trugen wir die gleichen Kostüme. So waren wir Schneeweißchen und Rosenrot, zwei verdattert dreinblickende Clowns oder zwei komplett unterschiedliche (aber gleichsam bescheuert) aussehende Pippi Langstrümpfe. Wir entwendeten einem Jungen Salzbrezeln, die er nicht teilen wollte, obwohl er viel zu viele davon hatte und wir hatten außerdem in unserem katholischen Kindergarten das Prinzip „Was man hat, soll man teilen“ gelernt hatten. Ich nenne das noch heute ausgleichende Gerechtigkeit. Meine Freundin wiederum kann sich nicht mehr daran erinnern.
Die andere lernte ich erst auf dem Gymnasium kennen. Zu einer Zeit, zu der man sich nicht mehr in gleiche Kostüme zur Faschingszeit schmiss – leider! Trotz dieser fehlenden, einschlägigen Erfahrung (auf die ich vergebens hoffe, dass sie irgendwann nachgeholt wird) sind wir dennoch Freunde geworden. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob wir gemeinsam in Sachen der ausgleichenden Gerechtigkeit unterwegs waren. Sie wird es tun und jenes mir wiederum vorwerfen vergessen zu haben.
Wir tranken gemeinsam zu viel Äppler, lachten kindisch über Dinge, die nicht lustig waren, konkurrierten ab und an um Noten, würdigten uns zeitweise keines Blickes, waren oftmals einfach nur seltsam und fanden hin und wieder die jeweils andere seltsam. Wir blieben uns dennoch treu – bis heute.
Was uns drei miteinander verbindet, abgesehen von den vielen Erinnerungen (oder eben Nicht- Erinnerungen) und der Zeit, die wir miteinander teilen, ist fraglich. Bis auf die Tatsache, dass wir einige Jahre gemeinsam die Schulbank drückten, verbindet uns objektiv betrachtet – NICHTS. Naja, nicht NICHTS, aber auch nicht sonderlich viel. Unsere Interessen sind unterschiedlich, unsere Lebensstile, unsere Ziele, unsere Lebenswege, unser Naturell. Wir ärgern uns auch oft genug über die anderen. Es gab Zeiten wo wir einander Fremde waren. Dennoch wir sind Freunde.
Wie zum Teufel konnte uns das nur passieren? Was für eine Art Freundschaft ist das, die wir miteinander führen? Besteht sie aus Verpflichtung gegenüber der gemeinsamen Erinnerung, sogar einfach nur aus Gewohnheit, aus einem Nutzen, die die jeweils anderen für einen erfüllen, oder schlichtweg aus einem angenehmen Gefühl?
Gut, dass es einen alten, griechischen Kerl gab, der schon über Jahrhunderte hinweg, den Menschen (wenn wir ehrlich sind, oftmals vergebens) die Welt versuchte zu erklären. Die Vergeblichkeit mag in seiner Wortwahl liegen, die es einem wirklich nicht einfach macht, das Gesagte zu verstehen und gelangweilt vorblättern lässt (wenn man überhaupt seine tausenden
von Seiten, die er uns hinterlassen hat, zur Hand nehmen mag). Zudem haben alte Schreibende die Eigenschaft, besonders wenn sie sich als Philosophen beschreiben, ihre Meinung über abermals viele Seiten zur Show zu stellen. Sehr zur Unfreude des Lesers, der mittlerweile ja an bewegte Bilder gewöhnt ist. Wen interessiert es auch, was ein toter Sack im zeitlich und geografisch weit entfernten antiken Griechenland zu sagen hatte? Wer weiß, vielleicht kann er uns dennoch auf die Sprünge helfen, dieser Mann namens Aristoteles, der nach über 2000 Jahren immer noch weltberühmt ist?
Kommen wir zu diesem alten, toten Kerl. Für Aristoteles ist Freundschaft „gewissermaßen eine Tugend, oder doch mit Tugend eng verbunden“ und ein „notwendiges Bedürfnis für das menschliche Leben“ (271). So stimmen wir doch mit ihm überein, dass die Vorstellung, ein Leben ohne Freunde zu führen, etwas Tristes ist, oder? Freunde, so Aristoteles, sind dafür da, uns vor Fehltritten zu bewahren, wenn wir jung sind und „eine Unterstützung, während sie uns in der Blüte unserer Kraft Helfer zu schönen Taten sind“ (272). Das ist ja alles schön und gut, aber was ist das nun für eine Art Freundschaft die wir miteinander führen? In der Aristotilianischen Sprache der Freundschaft gibt es nämlich drei Arten der Freundschaft.
Die erste Art der Freundschaft basiert auf dem Nützlichen. Aristoteles schreibt: „Die also, welche sich um des Nützlichen willen lieben, lieben nicht Einer des Anderen Person an sich, sondern insofern ihnen von einander etwas Gutes zu Teil wird.“ (277). Folglich das Abschreiben der Hausarbeiten, das Austauschen von Notizen, das Spicken lassen in Klassenarbeiten, die gegenseitige Gesellschaft, um nicht alleine als seltsam abgestempelt zu werden, das Zahlen des Äpplers (und in diesem Sinne das Nicht-Zurück-Verlangen des geliehenen Geldes), der freigehaltene Platz im Bus, das Gesellschaft leisten in Pausen, das gemeinsame Hinterherrennen beim Dauerlauf.
Dass unsere Freundschaft einen Nutzen hatte während der Schulzeit, ist offensichtlich. Zu größten Teilen bestand jene Freundschaft zu diesen Zeiten aus Nutzen, weil uns von einander etwas Gutes zu Teil wurde (entsprechend der Situation: das Sternchen für die gemachte Hausarbeit, die gute Note, bessere Laune, Trunkenheit, ein Sitzplatz, Gesellschaft – besonders beim Dauerlauf). Aktivitäten, die seit der Schule nicht mehr Teil unserer Freundschaft sind (Bis auf den Dauerlauf. Den machen wir immer noch. Nur jede alleine. Ist auch besser so.)
Könnte es sogar sein, dass das Angenehme Grund unserer Freundschaft ist? Die zweite Art der Freundschaft beschreibt Aristoteles nämlich wie folgt: „Ebenso die, bei denen das Angenehme der Grund der Neigung ist; denn solche lieben die „angenehmen Gesellschaften“ nicht darum, weil dieselben diese oder jene sittlichen Eigenschaften haben, sondern weil sie ihnen Vergnügen gewähren“ (277). Wir bereiten uns also Vergnügen! Aha! Naja, das mag auch am Äppler liegen! Oder anders formuliert, der Grund bestehe also in dem für uns Angenehmen. Das gemeinsame Äppler trinken ist in der Tat etwas angenehmes.
Aristoteles weist seine Leser darauf hin, dass sowohl Freundschaften, deren Grund das Nützliche, als auch jene, deren Grund das Angenehme ist, „Freundschaften nach äußerlich zufälliger Beziehung“ seien, „denn nicht der Mensch als das, was er ist, wird geliebt, sondern solche Menschen lieben sich nur, sofern einer dem anderen etwas leistet, hier etwas Nützliches, dort ein Vergnügen. Solcherart Freundschaften sind somit leicht auflösbar, sobald die Menschen selbst (…) nicht mehr angenehm oder nützlich sind“ (277). Folglich, wenn der Grund (das gemeinsame Äppler trinken oder das Hinterherrennen beim Dauerlauf) wegfällt, so hört laut Aristoteles auch die Freundschaft auf (278). Blöd, dass wir auch, wenn wir keinen Äppler trinken (was wir, um das neben bei mal erwähnt zu haben, seit Jahren natürlich nicht mehr im Übermaß gemacht haben. Wir wählen nun viel zivilisierter Wein!) und nur über unsere Dauerlauferfolge (die bei der Mehrzahl der Beteiligten immer noch eher mäßig sind) reden, weiterhin unsere Freundschaft bestand hat. Und nun?
Glücklicherweise weiß Aristoteles von einer dritten Art der Freundschaft. Gespannt? Ich auch! Nicht, dass Aristoteles uns noch einmal auf die falsche Fährte lockt.
Die dritte Art der Freundschaft ist die, „welche ihren Freunden das Gute um ihrer (der Freunde) willen wünschen, sind vorzugsweise Freunde, denn ihr Verhältnis gründet sich auf ihre Beschaffenheit an sich und nicht auf irgendwelche Zufälligkeiten. Die Dauer ihrer Freundschaft währt daher auch so lange, als sie selbst gut sind – und die Tugend ist etwas Dauerhaftes.“ (279). Also, es sind nicht die Gründe des Nützlichen (das Abschreiben der nicht-gemachten Hausaufgaben, der Sitzplatz im Bus) oder des Angenehmen (das Trinken des Äpplers), sondern das Gute, das man dem Freund um seinetwillen wünscht, und nicht nur, weil es für einen selbst nützlich oder angenehm sein könnte.
Na dann, Prost, Mädels, auf die Freude unserer alten Freundschaft, auf Aristoteles – auf dass wir gut bleiben für einander!
Next Stop: Villa Kunterbunt
Zwei mal drei macht vier
Widdewiddewitt
und drei macht neune
Ich mach‘ mir die Welt
Widdewidde
wie sie mir gefällt.Wir befinden uns in Schweden. Um genauer zu sein in Vimmerby. Draußen ist es kalt. Und der Ort wirkt wie leer gefegt. Wir stehen vor dem Limonadenbaum aus Pippis Garten. Mein jüngeres Selbst ist aufgeregt endlich an dem Ort zu sein, an den sie in ihrer Phantasie so häufig hingereist ist. Unter dem Limonadenbaum sitzend, ein Kaltgetränk schlürfend, mit Sonnenstrahlen auf der Haut. In der Realität nieselt es auf meine Nase und Limonaden sind weit und breit nicht zu sehen. Mir ist kalt. Meine Kindergartenfreundin steht neben mir. Wir sind älter geworden, vor allem größer. Und doch haben wir uns an diesem kalten, neblig-feuchten Tag aufgemacht Vimmerby zu besuchen. Dieses kleine Städtchen im Norden Smålands, in dem Astrid Lindgren 1907 geboren wurde, an dem man ihr Haus besuchen und so vieles aus ihren Büchern wieder entdecken kann.
Auf dieser kleiner Reise in die Welt der Ethik möchte ich mit dir den Weg verlassen und einen kleinen Abstecher machen – bevor wir zu prominenteren Vertretern wie Kant, Aristoteles, Mill & Bentham kommen. Dabei soll es nicht nur um Pippi Langstrumpf, meine Kindheitsheldin, gehen, sondern auch um dich und deine Kindheitsheld:innen.
Kannst du dich noch daran erinnern, zu wem du als Kind aufgeblickt hast, welche Geschichten du verschlungen hast und mit wem du in deiner Phantasie den Koffer gepackt hast, um auf Abenteuer zu gehen? Erinnerst du dich?
Hast du das Buch, CD, Kassette noch irgendwo? Ich lade dich ein mit mir auf die Suche danach zu gehen, den Staub abzuwischen und einen Teil von uns wieder zu entdecken.
Warum wir das machen?, fragst du vielleicht.
Nunja, auch unsere Kindheitshelden waren Philosophinnen und Philosophen. Ich möchte dich mit der Erzählung über meine Kindheitsheldin und ihre Philosophie inspirieren die Philosophie deines:r Kindheitheld:in zu entschlüsseln. Und wer weiß vielleicht entdeckst du dabei sogar die Philosophin / den Philosophen in dir?
Pippi Langstrumpf – Heldin der Kindheit vieler, so auch meiner. Und doch ist sie viel mehr als eine Heldin: Je mehr ich mich mit philosophischen Ideengebäuden beschäftige, desto intensiver verfestigt sich bei mir die Meinung, dass Frau Langstrumpf noch mehr ist als eine Heldin unserer Kindheitstage. Nämlich eine großartige Philosophin. Ein Kind, das in ihrer Denkschule mit den alten Herren wie Kant, Aristoteles sowie Bentham mithalten kann, und sich hinter Denkerinnen wie Hannah Arendt und Simone de Beauvoir nicht zu verstecken braucht – meiner Meinung nach.
Ihre Kernaussage „Ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt“ ist so einfach wie tiefgreifend.
Mögen die einen Pippi Langstrumpf als eine aufmüpfiges, unerzogenes Kind und eine solche Aussage als trotzig beschreiben, kann bei genaueren Hinsehen weit aus mehr in ihr entdeckt werden.
Hierzu bedarf es einen kleinen Einschub zum Konstruktivismus, der in seiner klassischen Form im Kern vertritt, dass es keine objektive Wahrheit gibt. Wir also in unserer Wahrnehmung von der Welt geprägt sind durch unsere Erfahrung, Umfeld, sozialen Systemen und entsprechend so die Welt wahrnehmen.
Menschen passen Wahrnehmungen innerhalb eines vorgegebenen Rahmens an. Zum Beispiel lernen angehende Ärzte:innen der chinesische Medizin in ihrer Ausbildung die verschiedenen Pulsarten kennen, wohingegen in der Schulmedizin es nur einen Puls gibt. Die Pulsdiagnose ist nicht nur in der chinesischen Medizin eine zentrale Diagnostikmethode, auch habe ich im Rahmen meiner Panchakarma Kur erleben dürfen wie ein ayurvedischer Arzt Schwachstellen meines Körpers feststellte, die kein Hausarzt mir nannte und vermutlich erst feststellen würde, wenn eine Erkrankung bereits vorliegt. Darüber hinaus sind unsere Wahrnehmungen auch davon abhängig was wir lernen, und das wiederum davon was wir zuvor gelernt haben. Wie können wir nur ansatzweise denken, dass wir absolute Wahrheit gepachtet haben?
An unser Gesamtbild dieser Welt werden unsere Wahrnehmungen und Erinnerungen der Dinge angepasst. Wer war es nochmal, der:die in etwas schrieb: Wir nehmen die Welt nicht so wahr wie sie ist, sondern wie wir sind?
Warum sich nicht dann die Welt so machen wie sie einen gefällt, wenn unsere Wahrnehmung der Welt ohnehin von vornherein schon verfehlt ist, weil wir sie schlichtweg nicht so wahrnehmen können wie sie ist, weil wir keinen Zugang zu der objektiven Wahrheit haben. Der radikale Konstruktivismus besagt sogar im Kern, dass unsere Wirklichkeit nur unser Erfinden ist. Zwar gibt es eine Welt und eine objektive Realität, wir haben schlichtweg nur keinen Zugang zu ihr. Wenn Pippi sich also die Welt so macht wie sie ihr gefällt, dann erkennt sie nicht nur an, dass wir unsere Wirklichkeit (oder in ihren Worten: unsere Welt) konstruieren, und wenn wir das schon tun, warum dann nicht so wie sie uns gefallen würde?
Pippi ist ein Mädchen, dessen Mutter früh gestorben ist und, wie Pippi glaubt, „nun oben im Himmel sei und durch ein kleines Loch auf ihr Kind runterschaue“ (10). Der Vater ein Kapitän, der die großen Meere besegelte, den die Tochter stets begleitete bis „er einmal während eines Sturmes ins Meer geweht wurde und verschwand“ (10). Da Pippi an das Unmögliche glaubt, Verrücktheiten in Erwägung zieht, nicht in in Selbstmitleid schwimmt, dass ihr Vater an Land gespült wurde. An einem Ort, an dem die Eingeborenen wohnen und er König dieser wurde. Sie erzählt, dass er eines Tages sie holen kommt. Und in der Tat behält Pippi Recht, denn ihr Vater kommt als Südseekönig wieder.
Pippi selbst sieht ihren Status als Kind ohne Vater und Mutter nicht als Mangel, sondern als Chance lieber Bonbons zu essen als Lebertrank zu trinken. Getreu des Mottos: Always look on the bright side of life. So ließe sich hiervon ableiten, dass zu ihrer Philosophie eine optimistisch-gesinnte Grundeinstellung gehört, die von Hoffnung geprägt ist.
Obwohl Pippi ohne Eltern lebt, viele Jahre mit den Gepflogenheiten des Lebens auf See herangewachsen ist, besitzt Pippi dennoch (oder vielleicht genau deswegen?) die Fähigkeit für sich Verantwortung zu übernehmen und dabei ihr Leben zu gestalten wie es ihr selbst am besten genügt getreu ihres selbstauferlegten Prinzips: „Es ist absolut das beste für kleine Kinder, Ordnung zu haben. Am besten, wenn sie selbst für Ordnung sorgen!“ (192 f).
Für Pippi ist demnach Verantwortung ein zentraler Wert. So übernimmt sie auch für andere Verantwortung: So schreibt sie Tommy und Anikas Eltern einen Brief als die drei einen unangekündigten Ausflug machen und „schiffbrüchig“ werden wollen. Sie schwört, dass die beiden bald nach Hause kommen (170). Was Pippi von Tommy und Anikas Eltern fordert ist Vertrauen in die eigenen Kinder, dass sie die Fähigkeit besitzen aus einem „Schiffbruch“ heile herauszukommen und den Weg nach Hause finden – als Gegenpol zu ihrer Überbehütung.
Pippi tut die Dinge auf die sie einfach Lust hat unabhängig vorgegebener Konventionen: So gießt Pippi Blumen, obwohl es geregnet hat, schläft mit den Füßen auf dem Kopfkissen und mit dem Kopf unter der Decke und etwas nicht zu können heißt für sie, dass man es nicht doch irgendwann können kann. Pippi erklärt uns, dass Können relativ ist; dass nur weil man etwas nicht kann, es doch können kann; und wenn man es noch nicht kann, es noch lernen kann.
„Ja, aber Pippi“, sagte Thomas. „Du kannst ja wohl nicht Klavier spielen!“ „Wie soll ich das wissen, wenn ich es noch nie versucht habe?“ sagte Pippi. „Ich habe niemals ein Klavier gehabt, auf dem ich es probieren konnte. Und das will ich dir sagen, Thomas, Klavier spielen ohne Klavier, dazu braucht man eine ungeheure Übung, bis man es kann.“ (110)
Astrid Lindgren erzählt uns davon wie Pippi ihre Goldstücke für Süßigkeiten und Spiele für die anderen Kinder ausgibt, aber nicht für sich selbst (115 f). Sie im Zirkus der Kassiererin einen Batzen Rückgeld schenkt (59, 60) und an ihrem Geburtstag anderen Geschenke macht. Schließlich hat sie ja Geburtstag, da könne sie doch Geschenke machen (94). Für Pippi ist der Wert des Geldes nur dafür da anderen eine Freude zu machen (oder sich selbst). Das Geld (besser gesagt ihre Goldstücke) haben an sich keinen Wert für sie.
Es sollte bis hierin deutlich geworden sein, dass wir auch – oder sogar besonders – als erwachsene Menschen von Pippi Langstrumpf lernen können.
In der Welt in der wir leben ist es unvorstellbar, dass ein Mädchen ein Pferd hebt oder von Bäumen Limonadenflaschen wachsen. Für die Welt in der wir leben, ist Pippi einfach nur eine Heldin unserer Kindheit und in dem Prozess sich in dieser Welt zu Recht zu finden wird sie auch in aller Regel dort gelassen. Wir vergessen unsere Kindheitsheld:innen. Es geht nicht nur Pippi so.
Pippi ist ein Mädchen, dass soziale Konventionen auf den Kopf stellt, dass ein Pferd heben kann, zwischen Häusern auf einem Seil balanciert, dass sie sich die Welt so macht wie sie ihr gefällt. Doch vor allem ist sie jemand der daran glaubt, das Unmögliche möglich zu machen. Ist es nicht etwas, was wir alle auf dem Weg uns in dieser verkorksten Welt zurechtzufinden verloren haben? Wer kann uns besser daran erinnern als es unsere Kindheitsheld:innen können?
Und nun ist dein:e Kindheitsheld:in dran:
Was macht ihre:sein Philosophie aus?
Und vor allem: Wie viel davon ist heute (noch) in der wiederzufinden?Literaturverzeichnis
Lindgren, Astrid. (1969). Pippi Langstrumpf. Hamburg: Oettinger.
NO RELIGION?!
Habe ich dir schon erzählt, das Reisen mein teuerstes Hobby ist? Und wenn ich dem nachgehe, mein Herz höher schlägt und meine Augen größer werden?
Ich liebe den Geruch entfernter Länder, fühle mich angezogen von ihren Geschmäcken, und sehne mich nach unbekannten Landschaften. Doch vor allem bin ich fürchterlich neugierig auf die Geschichten der Menschen. Nichts macht das Reisen besonderer, großartiger, einzigartiger für mich als die Menschen, denen man begegnet. Die Gespräche mit Fremden. Ich meine es war Yeats der gesagt haben soll: Es gibt keine Fremden, nur Freunde, die man noch nicht getroffenen hat. Besonders beim Reisen spüre ich die Wahrheit in dieser Aussage.
Die sonderbarste Beobachtung, die ich auf meinen Reisen machte, war folgende: es ist völlig egal, wo wir geboren wurden, es gibt Verhaltensweisen innerhalb menschlicher Gemeinschaften, die mir in den unterschiedlichsten Ländern begegneten. Sie waren mir alles andere als fremd. Ohne das ich die Sprache der Länder verstand, war es möglich dennoch zu verstehen – durch meine Augen, meine Sinne, mein Gespür füreinander.
Religiöse Traditionen und Glaubenssätze konnte ich überall auf der Welt entdecken. (Also überall dort, wo ich schon sein durfte für eine Weile. 😉) Bei meiner letzten Reise erlebte ich Hinduistische Traditionen, wurde in einem Tempel gesegnet und praktizierte Buddhistische Techniken. Dabei wurde mir einmal mehr bewusst wie sehr Religion Teil unseres gesellschaftlichen Miteinanders ist und wie so unsere Werte geprägt werden.
Die Werte, die Generationen über Generationen prägten, sind die Ausgangspunkte unserer eigenen. Allein deswegen sollten wir uns meines Erachtens mit den Werten zumindest der größten Weltreligionen auseinander setzen, um darüber zu reflektieren, welchen Ursprung unsere eigenen Werte haben könnten – und zu hinterfragen, inwieweit jene Werte, die wir für uns selbst als wichtig erachten, tatsächlich auch unsere eigenen sind.
Auch wenn ich neuerdings sehr geneigt bin zu schreien: „Religion, nein danke!!!“, möchte ich – vielleicht dem zum Trotz? – genau hier unsere Reise in die Welt der Ethik fortsetzen. Mit Religion.
In meinem ersten Teil dieser Reise erzählte ich dir von Alain de Bottons: Religion für Atheisten. Ein Buch, das uns erlaubt Religionen nicht ausschließlich als eine Frage des persönlichen Glaubens zu betrachten, sondern unabhängig dessen, unabhängig unseres Glaubens uns zu fragen, was wir von Traditionen, Bildern, Ritualen, Feiertagen für unser persönliches Leben lernen können.
Darüber hinaus sind Religion und Moral eng miteinander verbundenen. Wusstest du, dass z.B. bei Aristoteles die Wörter Gott und göttlich zwei Mal so häufig vor kommen wie Glück und glücklich? Nicht nur spielten die Götter bei Aristoteles eine wesentliche Rolle, sondern auch bei den Philosophen Homer, Plato & Co. Texte dieser Autoren werden heute noch im Ethikunterricht gelehrt. Auch wurde diese beiden Disziplinen (Ethik & Religion) von den Epikureern und Stoiker miteinander verbunden sowie mit unterschiedlichen Inhalten bestückt. In der hebräischen Bibel und dem neuen Testament wird Religion und Moral verknüpft durch Gottes Befehl. Auch Jesus sagt uns, was wir tuen sollen – durch die zehn Gebote. Während in der griechisches Philosophie Gott uns wie ein Magnet anzieht, ist Gottes Befehl zentral in jüdischen und christlichen Schriftstücken. Auch im Mittelalter noch waren Religion und Ethik eng miteinander verbunden durch beispielsweise Persönlichkeiten wie Thomas von Aquin und Augustine. Selbst bei modernen Philosophen spielt das Göttliche weiterhin eine Rolle.
Diese Beispiele zeigen wie eng Religion und Ethik miteinander verbunden sind. Dennoch ist Ethik nicht mit Religion gleichzusetzen.
Durch die Welt zu reisen bedeutet für mich eben auch von den unterschiedlichsten Traditionen, Ritualen, Festen, Bildern, Menschen, Geschichten, Orten zu lernen und sich zu fragen, was davon das eigene Leben sogar Zuhause bereichern kann? Vieles von dem, was ich weit entfernt meines Zuhauses habe lernen und erleben dürfen, stand oftmals in Beziehung zu vorherrschenden Religionen, vieles von meinem Leben Zuhause ist von Religion geprägt – unsere Feste, unsere Traditionen, Weihnachten, Ostern, Beerdigungen und die Sache mit der Nächstenliebe.
So spielte die katholische Kirche in meinem Leben immer wieder eine Rolle: sei es in dem Kindergarten, den ich besuchte, in denen christliche Werte an uns weitergegeben wurden, das Gymnasium, an dem zu Tagesbeginn gebetet wurde, meine Zeit als Messdienerin, meinen Briefaustausch mit dem Bischof, und der Besuch einer irischen Mädchenschule. Der Unterschied: in der katholischen Schule in Irland gingen die Röcke der Schuluniform bis zu den Knöcheln und in Deutschland war die Kleidung oftmals Fokus und Inhalt von Lästereien.
Ich kann mich nicht von christlichen Werten komplett frei machen, sie spielten in der Entwicklung meiner Persönlichkeit eine wesentliche Rolle. Doch welche der Werte die mir als Heranwachsende von außen mitgeben wurden sind wirklich meine?
Das erste Mal als ich in Berührung mit dem Buddhismus kam war in „Sieben Jahre in Tibet“. Ich erinnere mich wie sehr mich die Geschichte um den jungen Dalai Lama bewegte, die Szenerie mich anzog und ich mich in Brad Pitt verliebte.
Es verwundert mich daher nicht, dass es der buddhistische Religionsführer ist, der als erster von ihnen Ethik über Religion stellt. Ist das vielleicht das Geheimnis zu Frieden?
Der Tag, an dem ich der Buddhismus mich berührte
In Mitten des Himalayas, hoch oben auf 3867 Metern Höhe, betrat ich Dawa Choling Gompa in Tengboche, Nepal. Das Tibetisch-Buddhistische Kloster wurde 1916 erbaut, wobei Schriftstücke von einem weitaus älteren Kloster berichten. Das heutige Gebäude ist ein Wiederaufbau. 1934 wurde das Kloster durch ein Erdbeben zerstört, 1989 brannte es bis auf die Grundmauern nieder, und 2015 stützte es erneut durch das große Erdbeben ein. Unser Guide (@nepalgram) führte uns über Namche Bazar auf einer mehrtägigen Trekking-Tour nach Tengboche. Einen Ort mit Blick auf die höchsten und schönsten Gipfel der Welt. Mir stockte der Atem als ich in der Gebetshalle mit der sich über zwei Ebenen erstreckenden Buddha-Figur Platz nahm. Die Wände waren geschmückt mit bunten Verzierungen, Gebetsfahnen schmückten den Raum. Die buddhistischen Mönche versammelten sich in der Halle. Es war kalt. Meine Füße mit den klumpigen Wanderschuhen fühlten sich schwer an. Ich hatte Gänsehaut als ich während der Gebete mich selbst dort sitzen sah. Es bewegte mich. Ich fragte mich plötzlich, was das Leben ausmache. Ein Mönch antwortete mir: „Es verläuft im Kreis.“
Ziel der buddhistisches Praxis ist es Frieden zu finden von unserem Leiden, indem wir die Welt betrachten wie sie ist und die Projektionen verbannen, die unsere Gedanken und Emotionen kreieren. Und manchmal braucht es dafür einfach nur Stille. In der Stille können wir uns selbst hören.
Ich glaube, dass wir viel vom Buddhismus lernen können. Wenn wir uns von unseren Gedanken und Gefühlen distanzieren, die Welt so ein wenig mehr betrachten wie sie ist und nicht das, was wir auf sie projizieren, wir zu einem Ort gelangen voller Mitgefühl und Miteinander. Oder mit den Worten des Dalai Lamas ausgedrückt: „Ethik, nicht Religion, ist in der menschlichen Natur verankert. (…) Das Mitfühlen ist die Basis des menschlichen Zusammenlebens. Es ist meine Überzeugung, dass die menschliche Entwicklung auf Kooperation und nicht auf Wettbewerb beruht.“
Kommen wir zurück in unsere Breitengrade: Auch der Rechtsstaat Deutschland und das Christentum sind eng miteinander verbunden. Nicht nur das: Gott ist eng verbunden mit der deutschen Gesetzgebung. Und so können wir in unserem Alltag – unabhängig davon was wir als Individuum glauben (oder nicht) – in Deutschland viel Christliches entdecken.
Die christliche Werte sind in unserem Grundgesetzt verankert. Dort heißt es in der Präambel: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Religion spielt im Grundgesetz eine Rolle bevor Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung eine Rolle spielen. Die Verantwortung vor Gott steht vor der Verantwortung gegenüber den Menschen, die in diesem Land leben. Wir kommen folglich an der Religion nicht vorbei.
Begeben wir uns auf die Suche nach unseren eigenen Werten, müssen wir uns auch mit der Frage auseinander setzen: Was sind wirklich MEINE Werte? Und so unreligiös wir auch sein mögen, in der Reflexion unserer Werte im Verhältnis zu denen, die uns vorgelebt wurden, stoßen wir früher oder später auf Werte, die religiösen Ursprungs sind.
Hier eine kleine Übersicht über die zentralen Werte der fünf Weltreligionen & deren Gemeinsamkeiten:
Der Dalai Lama, das Oberhaupt der Buddhisten, beschreibt in dem Buch „Appell des Dalai Lama für eine säkulare Ethik und Frieden“, dass Religionen oftmals intolerant seien. Um politische und wirtschaftliche Interessen durchzusetzen, werden oftmals Religionen missbraucht oder instrumentalisiert. Daher bedarf es einer säkularen Ethik – eben einer Ethik fern ab der Religionen.
So können wir zwar ohne Religion auskommen, aber nicht ohne Ethik. Dementsprechend geht für den Dalai Lama Ethik tiefer und ist zeitgleich natürlicher als Religion. Das wesentliche ist unsere menschliche, elementare Spiritualität, die als in den Menschen angelegte Neigung zu Liebe, Güte und Zuneigung darstellt.
Auch gibt er der Spiritualität eine Bedeutung, die sich von Religionen frei machen kann. Für den Dalai Lama fangen wir an spirituell zu leben, „(w)enn wir uns entschließen, die inneren Werte, die wir alle bei anderen schätzen, zu kultivieren“ (ebd., S. 12).
Für den Dalai Lama ist Ethik nicht „die Summe von Geboten und Verboten, die es zu befolgen gilt, sondern für ein natürliches, inneres Angebot, das uns zu Glück und Zufriedenheit mitunter selbst und mit anderen führen kann“ (Ebd., S. 16). Der Grundgedanke aller Religionen sei die Liebe. Die unterschiedlichen philosophischen Ansätze unterscheiden die Religionen und stellen eigentlich nur unterschiedlichen Ansätze zur Förderung von Liebe dar. Somit sei Ethik „die Wissenschaft vom Glück“ (ebd. S. 24).
Den Blick des Dalai Lamas auf die Beziehung zwischen Ethik und Religion empfinde ich als eine friedliche. Wir müssen uns auf dieser Reise nach den eigenen Werten auch mit Religion befassen – ob wir wollen oder nicht. Aber Ethik ist mehr, sie kann mehr, sie kann der Schlüssel zu einer friedlicheren Welt sein. Vor allem beruhe, so der Dalai Lama, die menschliche Entwicklung auf Kooperation. Die entscheidende Frage sei dabei: Wie können wir einander dienen? (Ebd., S. 9)
Und vielleicht ist dies genau die Frage, die wir einander stellen sollten – um in einen Dialog zu treten über unsere Werte und deren Ursprungs. Daher frage ich dich heute: Wie können wir einander dienen? Wie kann ich dir dienen?
Schreibe deine Gedanken in die Kommentare oder kontaktiere mich gerne per Mail, per LinkedIn oder Instagram @austethikberatung
Quellenangaben:
Hare, John, „Religion and Morality“, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2019 Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <https://plato.stanford.edu/archives/fall2019/entries/religion-morality/>.Dalai Lama. Appell des Dalai Lamas an die Welt: Ethik ist wichtiger als Religion. (2015) Wals bei Salzburg: Benevento Publishing.
http://pix.kirche-mv.de/fileadmin/elkm/lankow/Gemeindebriefe/Archiv/Psalmen_2014/Welt_Religion_2009/Werte_und_Normen_der_Religionen.pdf
Philosophie ist für jede:n da!
Kapitel Eins Oder Wie de Botton unser Leben verändern kann
Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Und dem nächsten. Und dem übernächsten. Manchmal kennen wir unser Ziel. Manchmal wissen wir nur, dass wir voranschreiten sollten. Und dann gibt es solche Reisen auf die wir einfach gehen – ohne groß darüber nachzudenken, einfach nur weil wir einen Schritt vor den anderen machen.
Dies ist der Beginn unserer gemeinsamen Reise. Ich möchte dich mitnehmen in die Welt der Ethik, gemeinsam gesellschaftskritische Frage stellen, uns auf die Suche nach dem „Richtigen“, dem „Guten“ zu begeben. Dabei werteorientiertes Handeln in privaten und professionellen Alltag zu analysieren, zu reflektieren und umzusetzen.
Doch wo soll ich diese Reise nur beginnen? Diese Frage stellte ich mir eine ganze Weile. Eine verdammt lange Weile. Ich schob die großen Denker:innen in meinem Kopf hin und her – fang ich historisch an oder doch klassisch? Plötzlich waren ganz viele kluge Männer in meinem Kopf: Aristoteles, Kant, Mill, Päpste und Heilige, Griechen, Engländer, Europäer. Erst dann fiel mir Martha Nussbaum ein. Und plötzlich begann ich zu realisieren wie wenig divers die Denker:innen waren, die ich an Universitäten und Hochschulen gelehrt bekommen habe. Mein innerlicher Widerstand machte sich in mir breit. Aber was bedeutet dieses Bewusstsein nun für mich selbst? Neben dem Unbehagen dahingehend ein ähnliches Narrativ zu spinnen wie ich es selbst gelehrt bekommen habe aus einer weitestgehenden weißen, männlichen, europäischen Sichtweise, schlich sich noch ein anderes Gefühl dazu. Nämlich jenes, dass es für mich keinen besseren Startpunkt gibt diese Reise mit euch zu beginnen als dort wo meine begann – mit Alain de Botton, einem weißen, männlichen Europäer.Alain de Botton wurde 1969 geboren und ist ein britisch-schweizerischer Autor von Sachliteratur über Themen wie Liebe und Reisen, Architektur und Philosophie. Er ist Gründer der School of Life und Living Architecture. The School of Life, die auch in Berlin ansässig ist, hat sich auf die Fahne geschrieben sich einer neuen Vision von Bildung zu verschreiben. Zurzeit lebt de Botton in London.
Um was geht es in seinen Büchern? De Botton befasst dich mit unterschiedlichen Themen auf philosophische Weise – verständlich, alltäglich, lebenspraktisch. In anderen Worten: Er beschreibt eine Philosophie des Alltags – für jede und jeden.
Auf seiner Internetpräsenz steht über sein Werk geschrieben: Auch wenn de Botton manchmal als Populist beschrieben wird, so sind seine Bücher im Herzen Versuche eine ursprüngliche Idee über beispielsweise Freundschaft, Kunst, Neid, Verlangen und Unzulänglichkeit mit der Hilfe der Gedanken anderer Denker – eine Herangehensweise die Autoren wie Seneca und Montaigne vertraut waren und die verschwand allein mit der wachsenden Professionalität der Gelehrsamkeit im 19ten Jahrhundert (meine Übersetzung). Für mehr Informationen zu Alain de Botton und seinem Werk, besuche https://www.alaindebotton.com .
Mein erster Berührungspunkt mit Philosophie war Alain de Buttons Trost der Philosophie. Dieses Buch zog mich in seinen Bann und gab einer Teenagerin die Möglichkeit komplexe Ideen zu verstehen und für sich auf das eigene Leben zu übertragen. Es eröffnete mir eine Perspektive auf die Welt, die ich heute noch in mir Trage und eng verbunden ist mit meinem ganz eigenen Warum: In alltäglichen Begebenheiten das Philosophische zu sehen und sich auf die Suche nach einer Ethik des Alltags zu begeben.Wieso erzähle ich dir das ganze? Die Sache ist die: Unsere Gedanken und Ideen werden u.a. auch aus dem, was wir lesen konstruiert. Ich habe nicht alle Bücher Bottons gelesen, aber einige. Und viele davon bevor ich auf die Universität ging, um Philosophie zu studieren. Was ich damit sagen möchte? Ganz einfach: Meine Gedanken, Meinungen, Haltungen, Werte wurden auch von den Büchern von Alain de Botton geprägt. Ich glaube, dass er in vielem, was ich noch schreiben werde wieder zu finden ist. Ohne, dass ich bei jedem Gedanke wirklich wissen werde, ob das was ich schreibe, mein ganz eigenes ist oder ursprünglich von jemand anderem stammt. Aber dann wiederum: Wer weiß das schon?
Eine „philosophy of everyday life“ ist das, was man in Alain de Bottons Büchern findet – zugänglich, lebensnah, realistisch. Es sind keine Theorien, die in Elfenbeintürmen hoch über den Wolken mit Fremdwörtern und Fachbegriffen bestückt wurden. Ganz im Gegenteil.
Und nun komme ich endlich zu eben genau jenen Ideen de Bottons.
Bereit?
Lass uns anfangen:
Hast du deine Welt schonmal aus den Augen eines:r anderen betrachtet?
Was würde über dich geschrieben stehen? Wie sieht dein Leben aus, wenn du es durch die Brille eines:r anderen betrachtest? Wie sieht dein Leben durch die Augen deiner:s Lieblingsautors:in aus? Alain de Botton schreibt in seinem Buch „Wie Proust Ihr Leben verändern kann“: „It should not be Illiers Combray that we visit: a genuine homage to Proust would be to look at out world through his eyes, not look at his world through our eyes.“ (Alain de Botton, How Proust Can change your life, S. 214).
So sind es insbesondere Bücher, die uns für Dinge sensibilisieren können, für die unsere Sinne abgestumpft waren (S. 38). Insbesondere dann, wenn wir die Brille des Autors aufsetzen und in unserer eigenen Welt plötzlich Dinge sehen, die wir vorher übersehen hätten. Hier erzählt dir Alain de Botton selbst von seinem Gedanken https://www.youtube.com/watch?v=-C8cD_uYKK8. Was kannst du plötzlich entdecken?Wenn das Ende happy ist, hört dann die Liebe auf?
In „Romanticism“ und „The Course of Love“ erzählt de Botton zwei Liebesgeschichten. Eine der beiden umfasst den Verlauf eines ganzen Lebens, das zwei Menschen teilen, die andere hört mit dem Beginn von etwas Neuem auf. Liebe und Romantik können zwei verschiedene Paar Schuhe sein, zwei unterschiedliche Geschichten.
In seinem Roman The Course of Love (zu dt. Der Lauf der Liebe) erzählt Alain de Botton von einem Paar und porträtiert dessen Beziehung durch die Jahre hindurch. Dort wo üblicherweise bekannte Liebesgeschichten aufhören, fängt de Botton an zu erzählen.
Im Verlauf des Romans stolpert der:die Leser:in über erklärende, reflektierende, philosophische, gesellschaftskritische Ergänzungen des beobachtenden Erzählers selbst. Diese kursiv-gedruckten Einschübe offerieren neben Einblicken in Ideen, Geschichte und Weltanschauungen über Liebe auch auf zwischenmenschliche Emotionen – wie Eifersucht – einen anderen Blickwinkel.
„The stupidity of jealously makes it a tempting target for those in a moralising mood. They should spare their breath. However unedifying and plain silly attacks of jealously may be, they cannot be skirted: we should accept that we simply cannot stay sane on hearing that the person we love and rely on has touched the lips, or even so much as the hand, of another party.“ (Alain de Botton, The Course of Love, 2016, page 173).
Was geschieht, wenn wir – wie Alain de Botton in dem Zitat schreibt – einfach akzeptieren, dass wir nicht vernünftig bleiben können, wenn die Person, die wir lieben und auf die wir uns verlassen, den Körper einer:s Anderen berührt?
Was denkst du? Gehört Eifersucht zu unserem menschlichen Sein? Wie ist diese Emotion dann moralisch zu bewerten?
Die Geschichte von Kirsten und Rabih durchläuft Höhen und Tiefen. Romantik, Leidenschaft, Versprechen, Kinder, Alltag, Seitensprünge, Streit, Distanz und vieles mehr sind Themen, mit denen sich das Paar im Laufe der Zeit konfrontiert sehen. Es gibt kein Happy-Ending, sondern ein Leben: unverblümt, schmerzhaft, ermutigend, vor allem – gemeinsam.
Etwas, was ich mit Alain de Botton verbinde, ist auch die Reflexion über sich selbst und die Ausbildung von Empathie. Die Welt ist nicht schwarz und weiß. Nicht jeder Seitensprung ist moralisch verwerflich, der ein oder andere vielleicht sogar menschlich verständlich. Viele Streite gehen nicht um den Gegenüber, sondern viel mehr um einen selbst. Liebe ist nicht einfach. Liebe ist realistisch. Liebe ist bunt.
Kommen wir zu einem der größten Feinde von Liebes-Beziehungen: den Seitensprung und / oder Ehebruch. Die Welt um uns herum bewertet oftmals durch Wertvorstellungen sowie kulturellen und gesellschaftlichen Einflüsse, dass ein Seitensprung etwas verwerfliches sei, etwas was in Scheidungen und Trennungen enden muss.
De Botton eröffnet eine verständnisvollere Sichtwiese:
Romantische, erotische und vertraute Beziehungen gibt es, jedoch die Chance sich in einer solchen nach vielen Jahren, dem ein oder anderen Kind, den natürlichen Höhen und Tiefen wiederzufinden ist verdammt gering. Was bedeutet, dass mit jeder Ehe oder ehe-ähnlichen Beziehung, die wir führen, die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch ist, dass uns etwas fehlt. Blöd, oder? De Botton schreibt: „Falls die Ehe als die perfekte Antwort auf all unsere Hoffnungen für Liebe, Sex und Familie naiv und fehlgeleitet ist, ist es genau so fehlgeleitet zu glauben, dass ein Seitensprung ein effektives Gegenmittel zu den Enttäuschungen der Ehe ist“ (meine Übersetzung, S. 123).
Vielleicht gibt es doch kein schwarz und weiß? Doch, was ist mit der Ideologie über romantische Beziehungen, die um uns herum produziert wurde – in Serien, Filmen, Magazinen, auf Social Media? Sind wir uns überhaupt den Herausforderungen langjähriger Beziehungen bewusst bevor wir uns dafür entscheiden unser Leben mit einem Menschen zu teilen? So sei das ultimative Falsche mit der Idee des Seitensprungs wie mit der Idee der Ehe der Idealismus.
Wenn das Ende also happy ist, hört dann die Liebe auf?
Ein bisschen so scheint es, wenn man das Buch „Romanticism“ auf die Seite legt. Denn das Ende ist happy und die Suche danach geliebt zu werden war erfolgreich. Doch was ist aus der Liebe zwischen Alice und Eric geworden? Oder war es doch „nur“ Romantik? Ist es der Unterschied zur Liebe, was die Geschichte von Kirsten und Rapih anders verlaufen lässt? Beides gehört dazu. Beides hat seine Zeit. Beides, Liebe und Romantik, können unterschiedliche Geschichten erzählen.
In „The Course of Love“ heißt es dazu: Reife bedeutet auch anzuerkennen, dass romantische Liebe nur einen kleinen Teil unseres emotionalen Lebens ausmacht und eher die Suche danach ist geliebt zu werden – und eben nicht zu lieben.
Keine Religion, bitte!
So einfach geht es meiner Meinung nach nicht. Religiöse Ethik gehört dazu. Vieles in unserer Gesellschaft ist auf christlichen Normen aufgebaut und vieles davon ist oftmals in unseren eigenen Werten tief verankert. Und natürlich gibt es noch mehr als nur die christliche Ethik, aber dazu kommen wir in den nächsten Wochen.
Sich mit religiösen Weltvorstellungen zu beschäftigen, muss nicht notwendigerweise etwas mit dem eigenen Glauben oder Nicht-Glauben zu tun. De Botton beschreibt in seinem Sachbuch „Religion für Atheisten“ was man, auch wenn man an keinen Gott glaubt, aus den Ritualen, Kunstwerken, Ideen der einzelnen Religionen lernen kann.
„But if we can now own up to spiritualising our ethical laws, we have no cause to do away with the lawsuit themselves. We continue to need exhortations to be sympathetic and just, even if we do not believe that there is a God who has a hand in wishing to make us so. We no longer have to be brought into line by the threat of hell or the promise of paradise; we merely have to be reminded that it is we ourselves – that is, the most mature and reasonable parts of us (seldom present in the midst of our crises and obsessions) – who want to lead the sort of life which we once imagined supernatural beings demanded of us. An adequate evolution of morality from superstition to reason should mean recognising ourselves as the authors of our own moral commandments.“ (Religion for Atheists, 2012, S. 80)
In diesem Sinne werde ich in den nächsten Wochen auf eine Reise gehen, andere Religionen kennen lernen und deren Werte mit Blick auf das christliche Menschenbild reflektieren. Welche Werte werde ich vorfinden? Wie werden diese Werte gelebt?
Du willst auf der Reise dabei sein? Folge @austethikberatung auf Instagram und Facebook
Oftmals prägen religiöse Normen Gesellschaften und ihre Menschen. Daher ist es meiner Meinung nach umso wichtiger sich den religiösen Normen der eigenen Umwelt bewusst zu sein sowie über seinen eigenen Teller Rand hinaus zu schauen und andere religiöse Weltbilder kennen zu lernen. Was können wir voneinander lernen? Gibt es einen Konsens zwischen allen Religionen, einen kleinen gemeinsamen Nenner? Was sind die Herausforderungen mit dem Absolutismus?
Du willst das Ergebnis lesen? Melde dich für meinen Newsletter an und lese das kommende Kapitel noch vor allen anderen.
#denknotizen: Ein Blog rund um Ethik
Herzlich Willkommen auf Denknotizen!
Auf diesem Blog erhalten Sie- Neuigkeiten rund um Ada Aust – Ethik & Beratung
- Essays zu unterschiedlichen Fragestellungen
- Impulse für Ihren professionellen und privaten Alltag
- Eine kleine Einführung in die Welt der Ethik
Ich freue mich Sie auf diese kleine Reise in die Welt der Ethik mitnehmen zu dürfen!
Ihre
Ada Aust